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Hat Europa weggeschaut? Solidarität mit Bosnien-Herzegowina 1992-1995

Am 20. Januar 2022 wird in Berlin ein Panel zum Thema europäischer Solidaritätsarbeit während des Kriegs in Bosnien-Herzegowina 1992-1995 stattfinden. Sechs Projektpartner thematisieren im 30. Jahr des Kriegsausbruchs in BiH verschiedene Formen von Solidarität. Ausgehend von Nicolas Molls jüngster Publikation erinnern sich eine ehemalige Freiwillige und ein damaliger Student an Zeitgeist und konkrete Solidarität — jenseits deklarativer Slogans. Im Licht aktueller Herausforderungen wollen einige Beteiligte das Thema im Laufe des kommenden Jahres um weitere Perspektiven erweitern und vertiefen.

Die Internationale Gemeinschaft hat während des Krieges in Bosnien-Herzegowina (BiH) weggeschaut und nicht in den Krieg eingegriffen – so der Vorwurf, der sowohl in Bosnien-Herzegowina, als auch im Rest Europas laut wurde. Viele fühlten sich von der europäischen Politik alleine gelassen, obwohl sich die meisten Bosnier:innen doch selbst als Teil Europas sahen und sehen. Trotzdem gab es viele zivilgesellschaftliche Akteur:innen, die in Bosnien und Herzegowina während des Krieges aktiv wurden, selbstorganisierte Hilfstransporte durchführten, Informationskampagnen in den Herkunftsländern organisierten und teilweise auch gegen die Politik der eigenen Regierungen protestierten.

Die transeuropäische Organisation International Workers Aid (IWA) mit Aktivist:innen aus unterschiedlichen westeuropäischen Ländern bietet ein heute wenig bekanntes Beispiel von zivilgesellschaftlichen Akteur:innen, die durch humanitäre und politische Arbeit versuchten, dem Krieg etwas entgegenzusetzen: Sie organisierten Hilfskonvois mit Lebensmitteln in die multiethnische Stadt Tuzla und unterstützten durch verschiedene Projekte die lokale Bergbaugewerkschaft. Schüler Helfen Leben (SHL) sowie die Bosnien-Hilfe waren zwei weitere Beispiele.

Auf der Veranstaltung „Hat Europa weggeschaut?“ sprechen wir als ehemalige Freiwillige in BiH und Historiker:innen mit Nicolas Moll, Nenad Stefanov und Julia Saldenholz.

Julia Saldenholz engagierte sich früh bei der Organisation Schüler Helfen Leben (SHL), die 1992 von Gymnasiast:innen gegründet wurde, um Hilfsprojekte für und mit bosnischen Jugendlichen durchzuführen. 1995 war sie als Freiwillige in Mostar, wo SHL unter anderem den Wiederaufbau einer zerstörten Schule organisierte. Heute ist sie Journalistin des Norddeutschen Rundfunks und schätzt ihr Engagement in Bosnien-Herzegowina als eine sehr prägende Zeit ein.

Nenad Stefanov ist Koordinator des Zentrums Crossing Borders – Borders Crossing an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er hat in den 1990er Jahren als Student die Initiative Bosnien-Hilfe an der Universität Frankfurt a.M. ins Leben gerufen, die in Zusammenarbeit mit antinationalistischen Friedensakteur:innen aus dem ehemaligen Jugoslawien durch Konferenzen und Publikationen über den Krieg in Bosnien informierte.

Nicolas Moll ist freischaffender Historiker und forscht zu zivilgesellschaftlicher Solidarität auf europäischer Ebene während und nach dem Bosnienkrieg in den 1990er Jahren. Er ist Kurator der Ausstellung „Wake up Europe! Support and solidarity mobilisations with Bosnia and Herzegovina and its citizens, 1992-1995“, die derzeit im Historischen Museum Sarajevo zu sehen ist, und Autor des Buches „Solidarity is more than a slogan“, das die Arbeit der International Workers Aid aufarbeitet und dokumentiert. Nicolas‘ Buch kann über die Seite der Rosa Luxemburg Stiftung Brüssel im Open Access Format heruntergeladen sowie bestellt werden.

Gemeinsam sprechen wir darüber, wie eine Unterstützung der lokalen Bevölkerung während des Kriegs möglich war und welche Beweggründe die Aktivist:innen hatten, in ein Kriegsgebiet zu gehen, um zu helfen. Wie sah die Solidaritätsarbeit konkret aus? Welches Selbstverständnis hatten die Aktivist:innen zu dieser Zeit und welche emotionalen aber auch persönlichen Verbindungen bauten sie zur Region auf? Oder war diese bereits vorher gegeben?

Wann: 20. Januar 2022, 18 bis 20 Uhr

Ort: online; das Podium findet statt im Verein Impuls e.V., Gemeinschaftshaus Gropiusstadt, Bat-Yam-Platz 1, 12353 Berlin

Anmeldung für die Veranstaltung bitte an: kathrin.jurkat@balkanbiro.org.

Zoom-Link:

https://zoom.us/j/94284798176?pwd=bDRSV0YvL0ltM1FvRmVsUjJoRzBmdz09

Ansprechpersonen und Moderation:

Projektpartner:innen:

Beitragsbild (Cover): by Thomas Proctor, zur Verfügung gestellt durch Nicolas Moll.

Zur weiterführenden Beschäftigung mit dem Thema empfehlen wir außerdem die Lektüre von Band 61 (Jahrgang 2013), Heft 4 der Zeitschrift Comparative Southeast European Studies (damals: „Südosteuropa“) mit dem Schwerpunkt Did the Wars in Yugoslavia Change the Perception of Societal Conflicts? Debates in France and Germany, herausgegeben von Xavier Bougarel, Hannes Grandits und Nenad Stefanov.

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